Es sind die letzten Tage des Jahres 2016, ich habe einen neuen Timer und trage Daten ein. Es kommt mir der Gedanke, alle Deutschrap Releases 2017 einzutragen – ob ich die Künstler kenne oder nicht. Ich schreibe also von hiphop-releases.de ab und trage für den 13.01. unter Anderem ein: Bosca – Cobra 3.
In der Nacht des 13. komme ich
betrunken nach Hause und denke mir: Was soll's, hör ich's mir mal
an. Es sind ganze 20 Songs, inklusive 2 Instrumentals und einem
Remix.
Wer ist Bosca? Keine Ahnung, nie
gehört. Einfach mal hören. Ich werde von einem Intro begrüßt und
beginne, mit dem Kopf zu nicken. Kein schlechtes Zeichen.
„Ich komm mit meinem Album, dreh' es
auf und reiße ab.“
Okay, dann mach mal.
Im Laufe des Albums schwanke ich
zwischen Augenverdrehen, Kopfnicken und sogar halbwegs anerkennendem
Playlist-Abspeichern. Ich bin kein Straßenrap Fan, und Bosca erfüllt
teilweise alle Klischees. Ja ja, ihr seid alle die Krassesten,
Drogen, Leute abziehen, Menschen sind scheiße, nur die Leute auf der
Straße helfen – bla, bla. Deshalb müsst ihr das nun alle auf die
gleiche Art und Weise verpacken – dramatische Beats, bei denen
selbst das Klavier genervt ist, zum xten Mal dafür missbraucht zu
werden, monotoner Rap, der dazu passt, mit verschränkten Armen
nachts irgendwo in Berlins Sozialvierteln zu stehen und Hauptsache
keine Variation in der Stimme.
Das alles verkörpert der nie gesehene
Bosca in den größten Teilen des Albums für mich, damit hätten wir
den Augenverdrehen-Teil abgeschlossen.
Bei „Lampenfieber“ drehe ich zum
ersten Mal die Lautstärke auf. Der Song klingt, als wäre er von
„Hinterland“ (Casper) geklaut und nicht zurückgegeben, aber
wenigstens bleibe ich von dem ach so krassen Straßenrapper
verschont, und außerdem mochte ich Hinterland.
Der nächste Song, der mich überrascht,
ist „Steinadler“, was vor Allem daran liegt, dass der Beat in
meinen Ohren fetzt. Es ist kein dramatischer „Oh, mein Leben war so
scheiße, bin voll der Street Boy, mein Leben ist so hart“-Beat,
sondern endlich einer, zu dem die Hand sich parallel zum Kopfnicken
bewegen kann.
Auch „Weiterlaufen“ (der mich
wiederum sehr an den älteren Casper erinnert) und „Später Sommer“
sind keine schlechten Songs, sie scheinen persönlich und mit
Herzblut geschrieben, aber leider packen sie mich nicht, was
vermutlich daran liegt, dass sie klingen wie jeder persönliche, relativ traurige, typische Rapsong. So auch die meisten
Songs des zweiten Albumparts – sicherlich nimmt Bosca seinen Job
ernst und verpackt echte Gefühle, aber leider sind weder Texte, noch
Beats irgendwo so besonders, dass ich sie ihm zuordnen könnte.
Schade. Und so geht es weiter und weiter.
Und das ist eigentlich das, was mich am
Meisten am Album stört – es ist nicht übel. Aber die Monotonie,
das „schon 180 Mal gehört“ ist es, was mich nervt. Die letzten
Tracks skippe ich beinahe lieblos durch, da ich nichts mehr erwarte.
Alle Songs sind in einem solch dramatischen Ton gehalten, dass es
keine Steigerung gibt und mich das Gefühl einnimmt, dass Bosca sich
viel zu ernst nimmt. Der Straßenrapper, der verzweifelt versucht,
seinen Platz in der Szene zu finden. Er passt zweifellos hinein, aber
ich bezweifle, ob irgendwer, abgesehen von seinen Straßenkollegen, ihn
erkennen und hypen würde.
Und so bleibe ich zurück, nicht
enttäuscht, aber auch nicht begeistert: Eher mit einem
Schulterzucken und leicht gelangweilt, sodass ich nun, ohne weiter zu
googeln, recherchieren oder Songs analysieren den Namen unter „Joah,
kann man machen.“ abspeichere. Doch blättere ich durch meinen
Timer und entscheide, dem Gedanken, einfach mal reinzuhören, treu zu
bleiben – so wirklich verschwendete Zeit war es bis hier hin nicht.
5/10